Ich habe einen grünen Daumen. Den hab ich von meiner Mutter und sie hat ihn von ihrer Mutter. Die grünen Gene liegen also in der Familie. Ich war mir da immer sehr sicher. Also seit ich ausgezogen bin. Davor hab ich nie verstanden, was meine Mutter mit ihrer peniblen Pflanzenpflege bewirken wollte. 

Ja, die grünen Mitbewohner – und es waren sehr, sehr viele – haben mir schon gefallen, aber die Pflege interessierte mich nicht. Schon gar nicht im Sommer. Obwohl meine Eltern einen Garten besitzen, den sie selbst aufgrund der geringen Größe als „Schuhschachtel” bezeichnen, befinden sich dort Hunderte von Pflanzen. Ich übertreibe nicht. Die bepflanzte Fläche ist begrenzt, aber dann gibt es noch die Blumenkisterl und Töpfe, die sich geradezu auf der Terrasse und auf den Fensterbänken stapeln. Wie auch immer. Ich bin trotz kleinem Reihenhaus im völlig Grünen aufgewachsen.

Benjamin F. – mein erster Mitbewohner

Als ich dann auszog hab ich schnell gemerkt, dass so eine neue Wohnung so ohne Pflanzen ziemlich kahl und leer ist. Ich war also nicht undankbar, als meine Vermieterin ihren Ficus Benjamin loswerden wollte und ihn mir ungefragt ins Wohnzimmer stellte. Also streng gesehen bin eigentlich ich zu ihm gezogen, denn er war vor mir da.

Aber es sollte nicht bei Benjamin F. bleiben. Immer wieder bekam ich Pflanzen geschenkt und kaufte mir sogar die eine oder andere selbst. Ganz zaghaft versuchte ich mich an kleinen Pflänzchen in kleinen Töpf(ch)en. Zugegeben – einen geschenkten Bonsai hab ich nicht durchgebracht. Aber sonst blühten meine Pflanzen und ich wahrlich auf. Viele Orchideen durchlebten mit mir die verschiedenen Jahreszeiten und schenkten mir vor allem im Winter bunten Trost in der grauen Zeit.

Umzug mit Folgen

Nun bin ich seit knapp 4 Monate in einer neuen Wohnung. Sie ist größer und noch gemütlicher und meine lieben Pflanzen sind gemeinsam mit mir umgezogen. Auch der Ficus Benjamin, hat es in den 2. Stock ohne Lift geschafft, obwohl er schon lang nicht mehr in ein normales Auto geschweige denn durch die Tür passt.

Ich fühl mich wohl und ich bin angekommen. Aber irgendwie meine Pflanzen nicht. Einige von ihnen haben den Umzug aus dem hellen 6. Stock nicht verkraftet. Dort hatten sie ungehinderte Sicht auf die Berge bzw. Richtung Wien. Nun sind wir in einem neuen Zuhause. Mein gutes Zureden und Düngen, was ich sonst eher spärlich betreibe, hat meine grünen Freunde (ich spreche von meinen Pflanzen, nicht von Außerirdischen) noch nicht ganz überzeugt. Einige Pflanzen hatten Läuse, manche braune Blätter, andere konnten das Wasser nicht aufnehmen und wurden faul.

Auch das Zurateziehen meiner Mutter hat bisher wenig gebracht. Außer, dass sie mir Hinweise gegeben hat, was ich wahrscheinlich verabsäumt habe zu tun. Sprich, was ich höchstwahrscheinlich falsch gemacht habe. Danke für diese Info.

Beunruhigende Symptome

Aus diesem Grund hab ich meine letzte Entdeckung noch für mich behalten. Vier Blätter meiner Flamingoblume waren seltsam ausgefranst. Alle an der selben Seite. Zuerst dachte ich an eine Krankheit, aber dann sah ich genauer hin. Es musste ein Tier gewesen sein, dass sich systematisch durch die Blätter gefressen hat. Das erklärte auch, warum sich alle beschädigten Blätter an der selben Seite befanden. Oje, das heißt, es könnten noch mehr kaputt gehen, wenn ich das Tier nicht finde. Den Nachbars-Blumenstock brachte ich gleich in Sicherheit. Was, wenn das Ungeziefer auch noch andere Pflanzen befällt? Ich suchte und suchte, aber ich konnte kein Tier finden.

Schädling ohne Führerschein

Am Abend erzählte ich meinem Freund von meiner Entdeckung und meiner erfolglosen Suche nach dem Schädling. Ich müsste wohl doch meine Mutter fragen und schlimmstenfalls den Blumentopf entsorgen. Da unterbrach mich mein Freund, der sonst kaum eine Meinung zu Pflanzen hatte. „Ich muss dir etwas beichten: Ich war das”, sagte er kleinlaut, „ich wollte es dir sagen, aber es war kein passender Moment.” Nach seinem Geständnis, dass er bei seinem Flugversuch seiner neu gebauten Drohne meine Flamingopflanze gestreift hat, war ich sprachlos. Und brach dann in schallendes Gelächter aus. Schließlich sah ich mich innerlich nochmal akribisch die Pflanze nach einem kleinen Schädling absuchen. Dabei ist der Täter 1,85m groß und hat einen Führerschein. Allerdings noch nicht für seine Drohne, da ist er noch Fluganfänger. Aber geübt wird ab sofort nur mehr draußen. Meine Pflanzen dürften also nicht mehr so schnell mit dem gefährlichen Drohnitis-Virus in Kontakt treten. Ein Infizierter im Haushalt reicht. Und ich bin gespannt, ob meine Mutter von dieser Pflanzenplage schon jemals gehört hat.

 

Folgen und liken: